Weissküfer/in
Einst wurden für die sennische Milchwirtschaft und Käseproduktion Gerätschaften aus Holz hergestellt. Holz stand als Material zur Verfügung und durch geschickte Fertigung genügten die Produkte den hygienischen Ansprüchen. So entstand – vermutlich zu Beginn des 19. Jahrhunderts – der Beruf des Weissküfers[1]. «Weiss» ist das helle Holz, mit dem Produkte gefertigt werden, kann aber auch von der Milch abgeleitet werden, die damit verarbeitet wird. «Küfern» bezeichnet die Herstellungsart.
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Die Weissküfereien siedelten sich dort an, wo die Milchwirtschaft am meisten verbreitet war. Bedeutende Hochburgen waren die Regionen rund um den Säntis und den Walensee. Im Toggenburg waren weit über hundert einfache Weissküfereien angesiedelt, die besonders gefragt waren, als das Standesbewusstsein der Sennen sich immer stärker ausprägte. Die erste Konkurrenz erwuchs dem Weissküfergewerbe Ende des 19. Jahrhunderts, als Fabriken industriell hergestellte, schmucklose, metallbereifte Eimer auf den Markt brachten. Empfindlich getroffen wurde die Weissküferei aber in den 1930er Jahren, als neue hygienische Vorschriften den Bauern den Gebrauch von Metall-Milchgefässen vorschrieben. Die Weissküfer erhielten kaum noch Aufträge, und das Gewerbe konnte sich nur über Wasser halten, indem es sein Sortiment erweiterte.
So sind heute vielmehr Ziergegenstände für den Wohnbereich, Küchenutensilien und Geschenkartikeln und weniger Gerätschafen für die Landwirtschaft, die zum Sortiment der Weissküferei gehören. Traditionelle Gegenstände, wie der hölzerne Milchtrichter, der dem Älpler als Megafon für den Alpsegen[2] dient, sind in katholischen Berggebieten der Schweiz weiterhin gebräuchlich. Gegenwärtig gibt es schweizweit gerade noch fünf berufstätige Weissküfer, die mit dem Beruf ihren Lebensunterhalt decken können. Während in den 90er-Jahren noch fast jährlich ein Weissküfer ausgebildet wurde, haben seither nur drei Lernende die vierjährige Ausbildung zum Holzhandwerker mit Fachrichtung Weissküferei abgeschlossen. Die duale Ausbildung zum Holzhandwerker bzw. zur Holzhandwerkerin umfasst die Fachrichtungen Drechslerei und Weissküferei. Die praktische Ausbildung wird hauptsächlich im Lehrbetrieb vermittelt und geübt. Ergänzend dazu werden in überbetrieblichen Kursen (ÜK) spezielle Arbeitsgänge vertieft. Die Vermittlung des Fachwissens erfolgt jährlich in vier Blöcken zu je zwei Wochen in der Schule für Holzbildhauerei in Brienz.
[1] Für bessere Lesbarkeit wird nur die männliche Form verwendet. Alternative Schreibweise: Weissküferin.
[2] Von der Alp erklingt der abendliche Betruf der Sennen und der Segen breitet sich wie ein Tuch über das Tal. Ein guter Schlaf ist garantiert, denn der Rufende bittet mit seinem Sprechgesang Gott, Mutter Maria, Jesus, den Heiligen Geist und ausgewählte Heilige um Schutz vor den möglichen Gefahren der bevorstehenden Nacht. Die Tradition des Betrufes (auch Alpsegen gennant) lässt sich in katholischen Berggebieten der Schweiz seit 450 Jahren nachweisen und wird bis heute gelebt.
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Literatur
Schule für Holzbildhauerei: Vom Michltrichter zum Megafon. Das traditionelle Handwerk der Weissküferei in: Jahrbuch 2018, Brienz 2018, S. 32-43.
www.berufsberatung.ch → Eintrag Holzhandwerker/in EFZ, abgerufen am 14.09.2018.
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