Harnischschmied
Wann Menschen begonnen haben, ihren Körper mit metallenen Panzern, Helmen, Bein- und Armschienen vor Gewalteinwirkung zu schützen, lässt sich nicht genau datieren. Die frühesten erhaltenen Darstellungen und Funde stammen aus der Bronzezeit; den Altersrekord in der Kategorie „Harnische“ halten Schuppenpanzer aus dem 18. Jahrhundert v. Chr. Seit dem 15. Jahrhundert v. Chr. sind auch Ganzmetallrüstungen belegt.
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Das 16. Jahrhundert allerdings lässt sich als die Blütezeit des Harnischmacherhandwerks bezeichnen. Die Harnischschmiede[1], die auch Harnischmacher und Plattner genannt wurden, waren unter den eisenverarbeitenden Handwerken von grosser strategischer Bedeutung. Insbesondere die Städte waren an Rüstungen interessiert. Ein grosses Lager an Waffen und Rüstigen diente nicht nur zur Verteidigung in Kriegsfällen sondern auch zur Abschreckung.
In der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts erlangte der Plattner daher seine höchste Verbreitung. Auf diesem Höhepunkt begann sich jedoch bereits sein Niedergang abzuzeichnen: Der Harnisch war nicht schussfest, und gegenüber den immer treffsichereren und im wahrsten Sinne des Wortes durchschlagkräftigeren Feuerwaffen bot er unzureichend Schutz. Die Ganzkörperrüstung begann zu verschwinden und kam bald nur noch als Turnier- oder Zeremonialtracht zum Einsatz. Eisenschuhe und eiserne Beinröhren wurden zuerst abgelegt und durch lederne Stiefel ersetzt. Brust- und Rückenpanzer, nach unten zu Schössen verlängert. Dieser sogenannte „halbe Harnisch“, der seinem Träger enorme Erleichterung brachte, wurde bereits um ca. 1520 von den Landsknechten übernommen, bald gefolgt von den leichten Reitern (deshalb auch „Trabharnisch“). In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts verschwand dann allmählich auch der halbe Harnisch aus den Heeren Europas. Die grosse Zeit der Harnischschmiede war endgültig vorbei.
Für weiteren Druck auf das Handwerk sorgten schliesslich die Weiterentwicklung der Giessverfahren und die industrielle Produktion im Rahmen der eisenverarbeitenden Handwerke. Viele spezialisierte Schmiedeberufe, so zum Beispiel der Ringpanzerschmied, der Haubenschmied und auch der Harnischschmied verschwanden im Laufe des 19. und 20. Jahrhunderts endgültig.
Das Schmiedehandwerk gilt allerdings weiterhin in seinem Bestehen nicht als gefährdet. Schmiede werden nach wie vor benötigt, für qualitativ hochwertige Arbeiten, für Einzel- und Spezialanfertigungen, für Reparaturen, und nicht zuletzt für Kunstobjekte. Kunstvolle Gitter, Tore, Türklopfer, Kandelaber etc. werden schon seit dem Mittelalter geschmiedet; heute besteht darüber hinaus auch eine nicht geringe Nachfrage nach Skulpturen und anderen Kunstwerken aus geschmiedetem Eisen (vgl. hierzu Schmied).
[1] Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird im weiteren Text nur die männliche Form verwendet. Alternative Schreibweise: Harnischschmiedin.
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Literatur
Gohlke Wilhelm: Die blanken Waffen und die Schutzwaffen. Ihre Entwicklung von der Zeit der Landsknechte bis zur Gegenwart mit besonderer Berücksichtigung der Waffen in Deutschland, Österreich-Ungarn und Frankreich, Berlin/Leipzig 1912.
Hansen Leif: Die Panzerung der Kelten. Eine diachrone und interkulturelle Untersuchung eisenzeitlicher Rüstungen, Kiel 2003.
Hauschke Sven: Das Metallhandwerk. Eisen-, Zinn- und Kupferverarbeitende Gewerbe, in: Sauer Christine (Hg.): Handwerk im Mittelalter, Darmstadt 2012, S. 57-70.
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