Hafenbinder/in
Die Hafenbinder[1] beschäftigten sich im Gegensatz zu den Geschirrflickern nicht nur mit der Reparatur von Tongeschirr. Sie nahmen Reparaturen an diversen Töpfen und Häfen vor (z.B. Kannen, Krüge, Eimer, Schalen, Schüsseln, Flaschen, Pokale, Wannen, Kessel, Bottiche, Zuber, Korbwaren), die sowohl aus einfachen als auch aus preiswerten Materialien bestanden wie z.B. Eisen, Glas, Gold, Holz, Kupfer, Porzellan, Silber Steingut, Zinn sowie Metalle aller Art.
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Insbesondere die Reparatur von kupfernem und eisernem Geschirr wurde mittels diverser Binde- und Klammertechniken wie z.B. das Nieten, Falzen und Löten häufig praktiziert. Das Bohren, Binden und Klammern sowie die Abdeck- und Netztechnik wurden ebenfalls angewendet und es kam durchaus vor, dass nebeneinander diverse Techniken an einem reparierten Topf oder einer Schüssel Anwendung fanden. Das dabei eingesetzte Werkzeug war auch entsprechend vielfältig und zahlreich, wie z.B. diverse Bohrer, Zangen, Drähte aus verschiedenen Metallen, Schnüre und Fäden aus den unterschiedlichsten Materialien, Aluminiumbänder, Hölzer, Lederwaren, Nägel, etc.
Sowohl das Werkzeug wie auch das Flickmaterial mussten angesichts der Tatsache, dass die Hafenbinder im deutschsprachigen Raum zumeist ein Wandergewerbe betrieben, klein, leicht und transportabel sein. Dieses wurde meist in einem Sack oder einer Kiste mitgeführt, während die Handwerker gleichzeitig mit anderen Waren wie z.B. Löffeln handelten, da die Reparatur von Töpfen und Häfen nicht den Mindestverdienst erbrachte.
Die meisten Hafenbinder übten ihr Handwerk im Nebenerwerb und Hausierhandel und genossen daher wenig Ansehen, obschon im frühen und späten Mittelalter aufgrund der vorherrschenden materiellen Not und der generellen Geldarmut nahezu alles repariert wurde. Auch im 19. Jahrhundert nach dem ersten und zweiten Weltkrieg war es im Gegensatz zu heute nicht allein die Überzeugung der Ausübenden und die pure Lust am Basteln und Reparieren, sondern die drückende Not. In der Nachkriegszeit wurde sogar das übriggebliebene Kriegsmaterial verarbeitet. So wurden in Deutschland die Kartuschen der Artillerie zu Michkannen aller Art und Grössen umfunktioniert und aus den Stahlhelmen der Soldaten wurden Salatsiebe hergestellt.
In der heutigen Zeit hingegen, im Zeitalter der Massenproduktion, lohnt sich das Reparieren in finanzieller Hinsicht nicht mehr und es lässt sich schweizweit kein Vertreter dieser bereits in der Antike ausgeübten Handwerkkunst mehr auffinden.
[1] Für bessere Lesbarkeit wird im weiteren Text nur die männliche Form verwendet. Alternative Schreibweise: Hafenbinderin.
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Literatur
Museum für Völkerkunde: Vom Murks bis Kunst. Eine Palette der Improvisationen. Sonderausstellung im Oberpfälzer Volkskundemuseum, Burglengenfled 1994 .
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